Fermentiertes Gemüse ist trendy und gesund. Viele Lebensmittel schmecken durch Fermentation besser, andere gibt es überhaupt nur wegen der Fermentation. Wir erklären, wie du Gemüse ganz einfach selbst fermentierst.
Beim Fermentieren verwandeln Mikroorganismen wie Bakterien oder Pilze organische Stoffe in Säuren oder in Alkohol. Lebensmittel werden auf diese Weise haltbar gemacht, weil das Wachstum schädlicher Mikroorganismen gehemmt wird. Außerdem verändern sie bei der Fermentation aber auch ihre Beschaffenheit und den Geschmack. Diesen biochemischen Prozess nutzen Menschen seit Jahrtausenden. Viele Lebensmittel gäbe es ohne Fermentation gar nicht: keinen Käse, keinen Wein, keinen Kaffee, kein Bier und auch kein Sauerkraut. Viele Lebensmittel werden überhaupt erst durch das Fermentieren genießbar, so wie etwa Kapern, Oliven und Vanilleschoten.
Kimchi, also koreanischer vergorener Kohl, wird von Fans der ostasiatischen Küche gefeiert. Menschen aus Österreich können angesichts des Hypes nur milde lächeln. Unser Sauerkraut wurde schon 1270 vom österreichischen Autor Wernher der Gartenaere erwähnt. Schon im dritten Jahrhundert vor Christus soll es die Arbeiter bei dem Bau der Chinesischen Mauer gestärkt haben. Wandernde Mongolenstämme brachten es nach Europa.
Dass die Fermentation von Lebensmitteln schon vor 3.000 Jahren bekannt war, zeigte ein Fund in den Stollen des prähistorischen Salzbergwerks in Hallstatt. Ein Forscherteam unter anderem vom Naturhistorischen Museum Wien fand dort Spuren von uraltem Blauschimmelkäse: Penicillium roqueforti. Essbar war dieser allerdings nicht mehr.
Bei der Fermentation werden unterschiedliche Methoden angewendet.
Bei der sogenannten „wilden Fermentation“ werden Mikroorganismen genutzt, die sowieso auf den Lebensmitteln vorhanden sind, beispielsweise beim Sauerteigbrot: Hier reagieren lediglich Wasser und Mehl, dabei wird der Teig sauer. Bei anderen Methoden werden Mikroorganismen oder Enyme zugesetzt, für viele Brotsorten beispielsweise Hefe.
In den meisten Fällen wird unter Ausschluss von Sauerstoff („anaerob”) fermentiert. Dazu gehört das Fermentieren in Salzlake. Hierbei müssen die Gläser fest verschlossen werden, damit eben kein Sauerstoff dazukommt. Wichtigste Zutat dabei ist Salz. Das Salz verhindert auch, dass andere Prozesse in Gang gesetzt werden, wie etwa Schimmel. Bei der Essigsäuregärung hingegen wird Sauerstoff benötigt.
Viele fermentierte Lebensmittel, vor allem fermentiertes Gemüse, gelten als sehr gesund.
Fermentation ist eine Konservierungsmethode, bei der Vitamine, Mineralstoffe und andere Nährstoffe weitgehend erhalten bleiben. Und der Körper nimmt sie besonders gut auf.
Denn Fermentieren bedeutet auch: Vorverdauen. Das tun nämlich die Mikroorganismen. Dank dieser Vorverdauung kann der Körper die Nährstoffe des Lebensmittels leichter aufnehmen. Außerdem belastet das Verdauen weniger, das gefürchtete Kantinen-Koma bleibt aus.
Fermentierte Lebensmittel wie Kimchi, Sauerkraut und Co. sind überhaupt gut für die Verdauung. Durch die Ernährungsgewohnheiten westlicher Industriegesellschaften verarmt das Mikrobiom in unserem Darm. Und das spielt beispielsweise eine wichtige Rolle für unser Immunsystem.
Während der Fermentation bleiben aber für den Darm wichtige Mikroorganismen erhalten oder entstehen sogar erst: die Probiotika. Das sind lebende Mikroorganismen, meist Bakterien oder Hefen. Sie werden oft als „gute” Bakterien bezeichnet, weil sie dazu beitragen, das Gleichgewicht der Darmflora zu erhalten.
Gute Probiotika-Lieferanten sind Sauermilchprodukte, also etwa Joghurt, Kefir, Ayran und Dickmilch. Aber eben auch milchsauer vergorenes Gemüse wie saure Gurken, Sauerkraut, Kombucha und Tempeh. Doch wie viele dieser lebenden Bakterien sich tatsächlich im Darm ansiedeln und ob sie dort tatsächlich die Darmflora aufbauen, ist wissenschaftlich nicht eindeutig bewiesen.
Wenn du als Neuling zu den oben genannten Lebensmitteln greifst, solltest du mit kleinen Portionen beginnen. So kann sich der Magen-Darm-Trakt allmählich an die probiotischen Inhaltsstoffe gewöhnen. Bei zu hastiger Umstellung kannst du Blähungen bekommen.
Du kannst praktisch alle Lebensmittel fermentieren. Fermentation hilft, überschüssige Ernte oder Reste zu haltbar zu machen und so der Lebensmittelverschwendung entgegenzuwirken. Wenn dein Garten überquillt vor Zucchini und Roter Bete oder auf dem Markt eine Kiste Tomaten günstig angeboten wird - all das kannst du fermentieren.
Zudem ist sie eine umweltfreundliche Art der Konservierung, weil du praktisch keine Energie brauchst, weder fürs Erhitzen noch fürs Einfrieren.
Das Fermentieren von Fisch und Fleisch solltest du allerdings den Profis überlassen, hierbei können schädliche Stoffe entstehen.
Möchtest du etwa Rote Bete fermentieren, schneidest du sie nicht zu klein, ab in ein Glas, gibst Gewürze nach Gusto hinzu und darüber kommt eine Salzlake (Rezepte s. unten). Ähnlich fermentierst du Tomaten, das sieht besonders hübsch aus mit bunten Cocktailtomaten. Knoblauch kannst du in Salzlake fermentieren oder aber auch in Honig. Dazu übergießt du sie in einem Einmachglas Knoblauchzehen mit Honig. Das fängt nach einigen Tagen ziemlich an zu blubbern. Ein interessantes Spektakel.
Der Klassiker ist das Sauerkraut: Im ländlichen Raum war das Krauteinmachen früher Gemeinschaftsarbeit. Die Krautköpfe wurden mit dem Krauthobel geschnitten und mit Salz, Kümmel und Wacholderbeeren in das „Krautschaffl“ mit bloßen Füßen oder mit einem hölzernen Stößel eingestampft. Die Krautmasse wurde mit Krautblättern und einem Tuch zugedeckt, darauf kam ein Deckel mit Steinen zum Beschweren. So gepresst ruhte das Kraut etwa drei Wochen, danach war es gesäuert.
Magic Fermentation, Fermentieren, bis die Gläser überschwappen.
Marcel Kruse und Geru Pulsinger: 150 Rezepte für Gemüse. Obst, Sauerteig. Joghurt, Kefir und Kombucha, Löwenzahn Verlag, Innsbruck, 2021.
www.loewenzahn.at/produkt/2686/magic-fermentation/
Neben Gemüse brauchst du zunächst nur, was du ohnehin in der Küche hast: ein Schneidebrett, ein scharfes Messer, eine große Rührschüssel zum Mischen der Zutaten und eine Küchenwaage.
Außerdem:
Aber jetzt frisch ans Werk. Hier eine Anleitung:
Gemüse waschen und klein schneiden, zum Beispiel in fingerdicke Stifte, die sich gut in ein Glas stecken lassen.
Eine etwa zweiprozentige Salzlösung ansetzen, für weiches Gemüse darf sie auch etwas höherprozentig sein.
Gemüse ins Glas, Salzlake drüber, diese muss mindestens zwei Zentimeter über das Gemüse reichen. Eventuell das Gärgut mit Steinen beschweren, damit es nicht aus der Lake hochschwebt. Deckel drauf.
Mehrere Tage oder Wochen zimmerwarm und dunkel stehen lassen, je nachdem wie sauer man das fermentierte Gemüse haben möchte. Ab und zu nachsehen, ob sich möglicherweise Schimmel gebildet hat. Am Ende des Fermentierens die Gläser besser kaltstellen, um den Prozess zu stoppen.
Gewürzgemüse
Ruhezeit: 2-3 Wochen, Haltbar: mind. 6 Monate
Zutaten:
Ruhezeit: 2-3 Wochen
Zubereitung:
Die meisten Gemüsesorten sind nach 3 Wochen fertig fermentiert. Das bedeutet, dass die Mikroorganismen den Zucker und die Stärke abgebaut haben. Solange du das Glas dann nicht öffnest und es weder zu starker Hitze noch direktem Sonnenlicht aussetzt, ist es im Prinzip fast ewig haltbar. Nach dem Öffnen kann das Ferment auch bei Zimmertemperatur lagern, es empfiehlt sich aber, das Glas an einem kühlen Ort aufzubewahren.
White-Kren-chi
Blumenkohl einmal ganz anders, typisch österreichisch: mit Meerrettich, also Kren.
Ruhezeit: zwei bis drei Wochen, Haltbar: mind. 6 Monate
Zutaten:
Zubereitung:
Je nach Konsistenz des Blumenkohls ist er in 2-3 Wochen fertig fermentiert und dann viele Monate bis über ein Jahr ungeöffnet haltbar.
Warum sind fermentierte Lebensmittel gesund?
Mikroorganismen verdauen die Speisen vor, das macht sie bekömmlicher. Außerdem entstehen Probiotika, also Mikroorganismen, die gut für die Darmflora und damit für das Immunsystem sind. Ob die sich auch tatsächlich im Darm ansiedeln, ist jedoch wissenschaftlich bislang nicht bewiesen.
Kann ich das auch zuhause machen?
Ja, es geht sogar wirklich leicht, wenn du mit den Grundrezepten beginnst. Zwei Beispiele stehen oben. Im erwähnten Buch findest du noch viele weitere Anregungen.
Kann es auch schiefgehen?
Ja, es kann passieren, dass etwas schimmelt. Das musst du wegwerfen. Deshalb ist es besser, das Gemüse verteilt auf mehrere kleinere Gläser anzusetzen, damit nicht zu viel verdirbt.