Dank Leidenschaft, Weitsicht und Erfindergeist gelang es der Traditionskonditorei Zauner aus Bad Ischl bald 200 Jahre alle Herausforderungen erfolgreich zu meistern. Ob Zaunerstollen, Online-Shop, Café und Hotel oder der Vorstoß in neue Sparten – mit dem Rückhalt der vielen vorangegangenen Generationen wird der Erfolgsbetrieb auf die nächsten Etappen vorbereitet.
Bad Ischl zur Jahrhundertwende: Josef Nickerl, Patissier in der Konditorei Zauner, steht in der Küche vor Oblaten und ist nicht zufrieden. Geschmacklich sind sie gelungen, doch Form oder Farbe sind zum Teil missglückt. Unmöglich, diese an Kund:innen zu verkaufen. Aber wegwerfen möchte er sie auch nicht – das wäre Verschwendung. Da kommt ihm eine Idee: Er zerkleinert die Bruchware, mischt sie mit einer Haselnuss-Schokoladenmasse und formt kleine Makronen, die unter dem Namen „Nickerl-Batz“ schnell beliebt werden. Dies beobachtet Josef Zauner und gemeinsam überlegen die beiden, wie aus dieser Idee ein hochwertiges Produkt entstehen könnte. Sie beginnen zu experimentieren, bis sie schließlich die Masse in eine längliche Kuchenform pressen und mit feiner, zartschmelzender Schokolade überziehen. Es ist die Geburtsstunde des heute weltberühmten Zaunerstollens – einem der Aushängeschilder der Traditionskonditorei Zauner in Bad Ischl.
Mittlerweile ist das Unternehmen 193 Jahre alt, wird in der siebten Generation geführt und auch für die achte Generation ist schon gesorgt. Doch wie gelingt es, fast 200 Jahre erfolgreich zu wirtschaften? Geschäftsführer Philipp Zauner gab uns im Interview einige Einblicke.
Wirtschaftlicher Erfolg ist vielschichtig und von zahlreichen Faktoren abhängig. Doch wenn ein Unternehmen 100 Jahre und mehr besteht, lohnt es sich, genauer hinzuschauen: Welche Strategien, Werte und Prinzipien tragen zu diesem außergewöhnlichen Erfolg bei?
Die 100-jährige Geschichte von Wüstenrot zeigt eindrucksvoll, dass nachhaltiges Wachstum vor allem durch Kundennähe, kontinuierliche Innovationskraft und ein verantwortungsbewusstes Produktangebot gelingt.
Im Rahmen unseres Jubiläums möchten wir deshalb gemeinsam mit anderen traditionsreichen Unternehmen aus Österreich und der ganzen Welt den Erfolgsfaktoren auf den Grund gehen. Diese Gespräche geben Einblicke in bewährte Erfolgsrezepte, die Generationen verbinden und den Herausforderungen der Zeit trotzen.
Ihr Unternehmen existiert seit 193 Jahren. Was waren die großen Meilensteine und Wendepunkte der Unternehmensgeschichte?
Unsere Geschichte reicht bis in die Monarchie-Zeit zurück, vor mir waren schon sechs Generationen am Werk. Dadurch war unsere Geschichte immer eng mit zentralen Personen aus unserer Familie verbunden.
Alles begann 1832, als Johann Zauner vom kaiserlichen Leibarzt nach Bad Ischl gerufen wurde. Dort entstand zu dieser Zeit ein Kurort – und dafür fehlte eine gute Konditorei. Das war die Geburtsstunde unseres Stammhauses.
Ein weiterer wichtiger Meilenstein war die Entwicklung des Zaunerstollens durch Viktor Zauner und Josef Nickerl im Jahr 1905 – damit schufen wir unseren Bestseller, den wir in die ganze Welt liefern. Auch heute stellen wir den Zaunerstollen noch auf dieselbe Art und Weise her – nach 120 Jahren! Es ist ein wertiges, schönes Produkt und ein Unikat, das uns einzigartig macht und uns von anderen abhebt. Darauf sind wir stolz.
Wichtig in unserer Unternehmensgeschichte war auch die Modernisierung und Sanierung unseres Betriebs durch meinen Vater Josef Zauner, der alles auf den modernsten Stand der Technik brachte. Zugleich war mein Vater der erste Fernsehkoch für Süßspeisen in Österreich, indem er in den 1970er-Jahren regelmäßig in der ORF-Sendung „Häferlgucker“ zu Gast war.
Es haben also alle, die im Laufe unserer Geschichte am Werk waren, unserem Betrieb einen eigenen Stempel aufgedrückt. Das ist vielleicht auch das Fazit unserer 193-jährigen Geschichte:
Um erfolgreich sein zu können, muss jeder einzelne bzw. jede einzelne etwas beisteuern.
Gab es auch Krisen? Wie hat Ihr Unternehmen diese gemeistert?
Wenn man auf die Entwicklung schaut, fragt man sich manchmal, wie das alles gelingen konnte. (lacht) Krisen gab es natürlich, denn in die Zeit unserer 193-jährige Geschichte fallen unter anderem zwei Weltkriege, die nicht spurlos an uns vorübergegangen sind.
Aber auch abseits der geschichtlichen Entwicklungen gab es in so vielen Jahren hin und wieder negative Entwicklungen in unserem Betrieb – diese stellten sich jedoch oft im Nachhinein als Chancen heraus, sich weiterzuentwickeln. Ein Beispiel: Als um die Jahrhundertwende die Mutter von Viktor Zauner über Nacht nach Amerika auswanderte und ihn mit seinen sieben Geschwistern zurücklies, resignierte er nicht. Im Gegenteil: Er baute den Betrieb sehr erfolgreich auf.
Corona war eine weitere Herausforderung: Wir hatten schon die gesamte Osterproduktion abgeschlossen und Pralinen, Schokolade sowie andere Frischwaren im Wert von 200 000 Euro im Lager. Und von heute auf morgen stand alles still.
Unser großes Glück war, dass wir als eines der ersten Unternehmen in Österreich 1995 schon unseren Online-Shop eingerichtet haben. Wir hatten also 2020 einen guten und erfolgreichen Online-Handel, der in der Covid-Zeit durch die Decke ging. Binnen kürzester Zeit war unsere Osterware weg – das brachte uns fast an unsere Kapazitätsgrenzen, aber wir konnten alle unsere Kund:innen zufriedenstellen. Gelungen ist uns das, weil alle mitgeholfen haben: Unsere Kellner:innen haben zum Beispiel Schachteln für den Online-Shop gepackt, weil das Café geschlossen war. Auf diese Weise konnten wir auch alle Mitarbeiter:innen gut über diese Zeit bringen.
Gibt es Werte, Strategien oder Herangehensweisen, die Sie bis heute beibehalten haben?
Wir wissen zu schätzen, dass das Lebenswerk vieler Menschen in unserem Unternehmen steckt. Es ist gut, dass es unsere lange Geschichte gibt – dadurch treffen wir unsere Entscheidungen mit Bedacht. Wir sind kein Start-up, sondern überlegen lieber zwei Mal. Schließlich geht es um viel.
Unsere Geschichte öffnet aber auch viele Türen, denn wir sind ein beständiger und langfristiger Partner. Auch unsere Kund:innen wissen, was sie von uns erwarten können. Umgekehrt haben sie aber auch die Erwartungshaltung, dass alles perfekt ist – und das gilt es täglich zu erfüllen.
Wenn Sie an die Zukunft denken: Was sind aus Ihrer Sicht die größten Herausforderungen und wie wollen Sie darauf reagieren?
Eine der größten Herausforderungen ist bestimmt das Personalthema: Mittlerweile wohnt jede:r dritte Mitarbeiter:in bei uns. Das ist natürlich eine extreme Verschiebung, sodass wir mittlerweile fast Immobilien-Verwalter:innen sind. Wir legen großen Wert auf einen guten Standard der Personalunterkünfte, damit sich alle wohlfühlen. Dafür müssen die Zimmer aber auch betreut werden. Somit ist dieser Bereich zurzeit unser Investitionsfeld Nummer eins.
Darüber hinaus beschäftigen uns die extrem hohen Kakaopreise. Meiner Meinung nach sind die erst der Vorgeschmack auf das, was noch kommt: Die Nachfrage nach Kakao wird auch im asiatischen Raum steigen, aber die Anbaufläche wird unverändert klein bleiben. Dadurch wird das Massenprodukt Schokolade zum Luxusprodukt und das muss wiederum ein Umdenken der gesamten Branche nach sich ziehen. Das sind Entwicklungen, die den gesamten Schokolade-Markt verändern werden. Zum Glück sind wir dafür schon gut aufgestellt.
Welche Rolle spielt für Sie Innovation?
In unseren 193 Jahren und sieben Generationen Unternehmensgeschichte mussten wir uns schon sechs Mal die Frage stellen, wie wir die nächste Generation ansprechen können. Wir sind ein beständiges Unternehmen, das nicht auf jeden Trend aufspringt. Aber wenn sich ein Trend durchsetzt, sind wir dabei – unter der Voraussetzung, dass das Neue besser ist als das Bestehende. In neun von zehn Fällen ist das allerdings nicht gegeben.
Bei unseren Süßspeisen haben wir beispielsweise unser veganes Sortiment stark ausgebaut und bieten die erste zuckerfreie Torte, die nur mit natürlichem Fruchtzucker gesüßt ist. Eine weitere Neuheit ist unsere Kollagenschokolade „Sisis Finest“, die wir mit einer Partnerfirma produzieren. Ein Blättchen dieser Schokolade deckt den Tagesbedarf an Kollagen ab.
Man kann also sagen, wenn wir von einem innovativen Produkt überzeugt sind, dann klemmen wir uns dahinter.
Was sind Ihrer Ansicht nach die Gründe für den dauerhaften Erfolg Ihres Unternehmens?
Wir denken über alles zwei Mal nach und leisten uns dadurch keine krassen Fehler. Vielleicht dauert manches ein bisschen länger, aber dafür machen wir alles ordentlich und durchdacht.
Außerdem stehen alle zu 100 Prozent hinter dem Unternehmen – die gesamte Familie ist sechs Tage pro Woche in der Firma, weil es uns Spaß macht und es das Team motiviert, wenn alle mitarbeiten. Es ist für uns eine Freude, den Betrieb gut laufen zu sehen. Einer der ausschlaggebenden Punkte ist sicher, dass man als Geschäftsführer präsent ist und voll dahintersteht.
Wir sind unserer Linie ernsthaft treu, erzählen nicht einfach etwas oder verpulvern Geld mit großen Marketing-Kampagnen. Unser Zugang ist, dass wir das Geld lieber in unsere Produkte stecken, denn das kommt über kurz oder lang auch zu den Kund:innen. Für uns ist das der ehrlichere Weg.
Was raten Sie heute Unternehmensgründer:innen, damit sie ebenfalls mindestens 100 Jahre erfolgreich sind?
Die wichtigste Voraussetzung ist, ein Produkt, eine Branche oder ein Unternehmen zu haben, hinter dem man voll und ganz steht. Unternehmer:innen müssen das leben, was sie tun. Wer beispielsweise eine Konditorei gründet, muss auch Konditor:in sein. Ich selbst stehe gerne in der Backstube. Außerdem sollte kein Unternehmen gegründet werden, um damit schnell viel Geld zu verdienen.
Ganz zentral ist auch das Denken in Generationen: Größere Kapitalanlagen, wie aktuell unser Hotelbau, rechnen sich nicht sofort – das sind Investitionen für die Nachfolgenden. Dafür ist es essenziell, langfristig zu denken und zu handeln. Ich vergleiche das gerne mit einem Baum: Der braucht auch länger, bis er groß wird. Aber dann ist er umso stabiler.
Außerdem sollte man den Kindern die Arbeit im Betrieb positiv vorleben. Sie sollten es nicht als Belastung erleben, sondern als Chance, sich in viele verschiedene Richtungen zu entwickeln. Es bringt aber auch nichts, die nächste Generation zur Betriebsnachfolge zu zwingen. Man kann also nur versuchen, das Unternehmen während des eigenen Handlungszeitraums auf die Nächsten vorzubereiten, damit diese das Potenzial sehen.
Natürlich gehört aber auch ein bisschen Glück dazu, vieles ist einfach Zufall: Die besten Rezepte sind oft zufällig entstanden – und genauso ist es auch im Geschäftsleben.
Unternehmen: Konditorei-Kaffee Zauner GmbH & Co. KG
Branche: Konditorei, Café & Restaurant, Hotel (Eröffnung April 2025)
Gegründet: 1832
Zentrale: Pfarrgasse 7, 4820 Bad Ischl
Standorte: Pfarrgasse 7 & Hasnerallee 2, 4820 Bad Ischl
Mitarbeiteranzahl: 160
Website: www.zauner.at