Bei einem Abendessen im Freien grillt ein Mann Fleisch und serviert es seinen lachenden Freunden.
Wohnkonzepte

Happy together – gemeinschaftliches Wohnen

Die gute alte Wohngemeinschaft bekommt Gesellschaft. Wohngruppen, Co-Housing oder Clusterwohnen: Neue Wohnformen ermöglichen mehr Gemeinschaft, sparen nebenbei Geld und sind nachhaltig. Wir stellen die Konzepte vor.

Lesedauer: 3 Min.

Immer mehr Menschen leben allein. Rund 30 Prozent der Österreicherinnen und Österreicher sind Singles, der Einzelhaushalt ist mit 38 Prozent die häufigste Wohnform. Das ist neu, denn den größten Teil seiner Geschichte lebte der Mensch in enger Gemeinschaft mit anderen. Als Jäger und Sammler streifte er in Horden umher, und auch sesshaft geworden lebte er meist als Großfamilie zusammen, in Dörfern, in denen jeder jeden kannte. Das hatte ein paar Nachteile, aber man war eingebunden, langweilig wurde es nie und schnell war jemand zur Hand, der mal eben auf die Kinder aufpassen konnte. Viele Menschen spüren daher eine Sehnsucht nach mehr Gemeinschaft. Neue Wohnkonzepte kommen diesem Bedürfnis entgegen. Das Verhältnis von Gemeinschaft und Privatheit wird dabei jeweils ganz unterschiedlich definiert.

Neben den sozialen Aspekten bieten die meisten gemeinschaftlichen Wohnformen zusätzlich auch ökologische und finanzielle Vorteile: Durch das Teilen der Kosten für Miete, Kauf oder Bau wird Geld gespart. Die gemeinsame Nutzung von Ressourcen und gemeinsame Anschaffungen sparen zusätzlich Kosten und verringern gleichzeitig den individuellen ökologischen Fußabdruck.

Eine Gruppe junger Leute frühstückt in einer Gemeinschaftsküche.
Die WG ist oft eine Zwischenstation zwischen Elternhaus und dem eigenen Haushalt.

Der Klassiker: die Wohngemeinschaft

Fest etabliert, vor allem bei jungen Stadtbewohnern, hat sich das Konzept der Wohngemeinschaft. Es ermöglicht während der Ausbildung oder des Studiums ein eigenständiges Leben ohne große Anfangsinvestitionen. Mehrere Menschen teilen sich eine Wohnung, jeder hat ein privates Zimmer während Küche, Bad und im besten Fall ein Wohnzimmer gemeinsam genutzt werden. Die praktischen Vorteile stehen im Vordergrund, aber auch der Plausch am Küchentisch oder gemeinsame Unternehmungen werden geschätzt. Für die meisten bleibt die WG jedoch ein Übergangsphänomen.  Irgendwann zieht man mit Partnerin oder Partner zusammen oder hat genug von Mitbewohnern, die den Kühlschrank leeren und dafür nicht saubermachen.

WGs für digitale Nomaden: Co-Living Spaces

„Co-Living Spaces” werden von kommerziellen Anbietern bereitgestellt. Die Bewohner mieten ein privates möbliertes Zimmer und teilen sich eine Wohnküche mit anderen. Nebenkosten wie Strom, Wasser, Internet und oft auch Reinigungsdienste sind in der Miete enthalten. Viele Co-Living Häuser verfügen außerdem über ein Fitnessstudio, bieten Arbeitsplätze an und organisieren Aktivitäten für die Bewohner, die ihnen ermöglichen, sich besser kennenzulernen und zu vernetzen. Co-Living Spaces richten sich an Studenten und Menschen, die aus beruflichen Gründen mobil sein müssen oder nicht langfristig an einem Ort bleiben möchten und bereit sind, für Flexibilität, Bequemlichkeit und zusätzliche Services etwas mehr zu zahlen als anderswo.

Wohnprojekt Sargfabrik in Wien für Singles, Familien und Wohngemeinschaften in 112 Wohneinheiten
Wohnprojekt Sargfabrik in Wien: Singles, Familien und Wohngemeinschaften in 112 Wohneinheiten. © Felix Vollmann

WG de luxe: Clusterwohnen

Das Clusterwohnen ist eine Form von Wohngemeinschaft, bei der jeder Person, einem Paar oder einer Familie eine eigene kleine Wohnung mit Schlafzimmer, Bad und meist auch eine Küche zur Verfügung steht. Zusätzlich dazu gibt es größere Gemeinschaftsräume wie Küchen, Wohnzimmer, Spielzimmer oder Arbeitsräume, die von allen Bewohnern des Clusters gemeinsam genutzt werden (Cluster = Gruppe, Zusammenballung, Bündel, Traube). Dieses Konzept fördert soziale Interaktion und Unterstützung unter den Bewohnern, während es gleichzeitig Privatsphäre ermöglicht.

Um ein solches Clusterwohn-Projekt umzusetzen, muss ein Gebäude entsprechend gestaltet werden. Die Planung und Entwicklung übernehmen Genossenschaften, gemeinnützige Organisationen oder engagierte Gruppen von Privatpersonen.

Die Sargfabrik im 14. Wiener Gemeindebezirk ist eines der bekanntesten Beispiele für gemeinschaftliches Wohnen nach dem Cluster-Prinzip in Österreich. Auf dem Gelände einer ehemaligen Sargfabrik wurde 1996 ein „Wohnheim" eröffnet und um die Jahrtausendwende durch einen Anbau erweitert. 200 Menschen leben hier in 112 Wohneinheiten. Die Wohneinheiten sind auf Singles, Familien und Wohngemeinschaften ausgelegt. Die Bewohner und Bewohnerinnen sind Mitglied in einem Verein, der die Wohnanlage betreibt. Zu dem Wohn- und Kulturprojekt gehören neben Wohnräumen ein Kinderhaus, ein Kulturhaus, ein Seminarhaus, ein Badehaus, ein Restaurant, ein Spielplatz und ein Dachgarten.

Deine Finanzierung

Bei Baugemeinschaften und vielen Cohousing-Wohnprojekten beteiligen sich die zukünftigen Bewohner mit eigenem Geld an den Kosten. Falls du dafür eine Finanzierung brauchst, kommt vielleicht der ImmoFlexKredit von Wüstenrot für dich in Frage. Mit einem Bausparvertrag, zum Beispiel dem Smarten Bausparen von Wüstenrot, kannst du die nötigen Eigenmittel für ein Darlehen ansparen. Eine Finanzberaterin oder einen Finanzberater in deiner Nähe findest du hier.

Wohnprojekt in Wien
Wohnprojekt in Wien: Zu den 700 Quadratmetern Gemeinschaftsflächen gehört ein Obst- und Gemüsegarten. ©Birgit Reiter

Das Haus als Dorf: Cohousing-Wohnprojekte

Bei Wohnprojekten tut sich eine Gruppe von Menschen zusammen, um gemeinsam ein Haus zu finanzieren, zu planen und zu bauen, in dem die Mitglieder der Gruppe später zusammen leben wollen. Ideelle Aspekte spielen oft eine große Rolle: Die Mitglieder sollten Werte wie Nachhaltigkeit, Solidarität und Gemeinschaft schätzen. Bei der Planung werden die Wünsche und Bedürfnisse der zukünftigen Bewohner berücksichtigt. Projekte werden durch Kredite, Fördermittel und Eigenkapital der zukünftigen Bewohner finanziert.

Es geht nicht nur darum, den Mitgliedern zu individuellen Wohnungen zu verhelfen. Das Ziel ist gemeinschaftliches Zusammenwohnen, eine lebendige Nachbarschaft. Dementsprechend werden Wohnprojekte oft im oben beschriebenen Clusterprinzip mit einem großen Anteil gemeinschaftlich genutzter Flächen geplant. So auch beim „Wohnprojekt”, das im Jahr 2013 auf dem Nordbahnhofgelände im zweiten Wiener Bezirk fertiggestellt wurde.

Rund 65 Erwachsene mit 35 Kindern haben das Gebäude in Zusammenarbeit mit einem Architekturbüro und dem Bauträger geplant, gebaut und verwalten es nun gemeinsam. Es gibt Wohnungen von einem bis zu sechs Zimmern, keine der 39 Wohneinheiten gleicht der anderen. Dazu gibt es rund 700 Quadratmeter Gemeinschaftsflächen: Küche, Kinderspielraum, Dachgarten, Sauna, Bibliothek, Werkstatt, Waschsalon, Veranstaltungsräume und Gästeapartments. Die Gruppe hat sich einem nachhaltigen Leben verschrieben, ​​das Gebäude wurde möglichst ökologisch, mit viel Holz errichtet und erreicht nahezu den Passivhausstandard. Die Finanzierung wurde über einen Vermögenspool, eine Art Investitionsfonds, über Vereinsmitglieder oder Freund:innen und Förder:innen gestaltet. Es gibt kein individuelles Eigentum an Wohnungen, sondern nur Gemeinschaftseigentum.

Mitglieder der Baugruppe für den „Seestern” in Aspern bei der Wohnungsvergabe
Die Mitglieder der Baugruppe für den „Seestern” in Aspern bei der Wohnungsvergabe. © Philipp Naderer

Mehr Bauen, weniger Gemeinschaft: Baugemeinschaften

Auch bei Baugemeinschaften, auch Baugruppen genannt, tun sich zukünftige Bewohnerinnen und Bewohner zusammen, um ihr Wohnhaus selbst zu entwickeln, gemeinsam ein Grundstück kaufen, mit Architekten zu planen und schließlich zu bauen. Dabei geht es Baugruppen ganz pragmatisch vor allem darum, durch gemeinsames Bauen günstig Eigentum zu schaffen. Aber auch Projekte von Baugemeinschaften sehen oft gemeinschaftlich genutzte Flächen vor und verfolgen innovative Ansätze in Hinblick auf Nachhaltigkeit, Nutzungsmischung, architektonische Qualität und soziale Aspekte. Die Übergänge zwischen den unterschiedlichen Konzepten sind fließend.

Infos und Beratung zu gemeinschaftlichen Wohnprojekten

Die ​Initiative „Gemeinsam Bauen & Wohnen” mit Sitz in Wien vertritt die Interessen gemeinschaftlicher Wohnprojekte, widmet sich der Verbreitung der Idee des gemeinschaftlichen Wohnens und dient als Treffpunkt und Vernetzungsort. Die Initiative bietet, für Mitglieder kostenlos, eine einstündige Online-Erstberatungen zu allen Themen in Bezug auf gemeinschaftliche Wohnprojekte an, wie z.B. Gründung, Gruppenbildung, Rechtsformen, Organisationsmodelle, Finanzierung, Liegenschaftsakquise. Mehr Infos hier. Auf der Seite gibt es außerdem eine Plattform für Wohnprojekte.

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