Wenn der Ausstoß von Treibhausgasen nicht verringert wird, drohen in Österreich Hitzewellen und Extremwetter mit drastischen Folgen für Mensch und Natur, sagen Wissenschaftler. Wir alle müssen umdenken, um den Temperaturanstieg abzubremsen.
Spätestens im vergangenen Jahr hat sich die Bedrohung durch den Klimawandel ins Bewusstsein einer breiten Bevölkerung katapultiert. Die hohe Aufmerksamkeit ist nicht zuletzt ein Verdienst der weltweiten Bewegung Fridays for Future: Nach dem Vorbild der schwedischen Schülerin Greta Thunberg bestreiken Schüler in vielen Ländern jeden Freitag ihren Unterricht, um die Politiker zu einer wirksamen Klimapolitik zu bewegen. Die Organisation Scientists for Future, in der sich Wissenschaftler zusammengetan haben, unterstützt die Jugendlichen. Millionen von Menschen in aller Welt sind zu Massendemonstrationen gegen den Klimawandel auf die Straße gegangen.
Auch in Österreich wird die globale Erderwärmung spürbar. Im September 2019 hat die Umweltorganisation Greenpeace einen aktuellen Report veröffentlicht, der sich auf Analysen des Climate Change Centre Austria beruft. Nach diesen Daten ist Österreich sogar überdurchschnittlich stark vom Klimawandel betroffen. Seit 1880 ist die globale Durchschnittstemperatur um rund ein Grad Celsius angestiegen. In Österreich haben sich die Temperaturen mit rund zwei Grad doppelt so stark erhöht.
In dem Greenpeace-Bericht heißt es: „Schon heute ist die Klimakrise in Österreich angekommen.“ Und in jedem einzelnen Bundesland, so die Studie weiter, hat sie „unterschiedlich fatale Folgen“. Nach diesem Szenario werden vor allem im Westen der Republik die alpinen Landschaften in Mitleidenschaft gezogen: die Gletscher schmelzen ab, die Bergmassive werden brüchig. Im Landesinneren wird es zu Waldsterben, Dürren und Stürmen kommen. Weiter östlich, vor allem in Wien, zu extremen Hitzeperioden.
Im Burgenland werden vor allem die Landwirte wegen der Trockenheit mit Ernteverlusten zu kämpfen haben. Es steht zu befürchten, dass der Neusiedler See, das weitgrößte Gewässer Österreichs, völlig austrocknet. In Vorarlberg, Tirol und Salzburg werden die Gletscher besonders betroffen sein. Bereits jetzt haben die Eisflächen der Silvretta-Gruppe in Vorarlberg 22 Prozent ihrer Fläche eingebüßt. Die Gletscher der Ankogel-Hochalm-Gruppe in Salzburg sind zwischen 1969 und 2009 sogar um 39 Prozent abgeschmolzen. Die fatale Folge: Das Abtauen der alpinen Permafrostböden macht den Untergrund instabil und erhöht die Gefahr von Steinschlägen, Muren und Felsstürzen. Für Vorarlberg erwartet Greenpeace ein Almensterben.
Für Kärnten sagt die Umweltorganisiation ein gesteigertes Waldbrandrisiko voraus. In Oberösterreich und Niederösterreich wird der Borkenkäfer sich im warmen und trockenen Klima stark vermehren und die Wälder angreifen. Für die Steiermark wird, wie auch für andere Bundesländer, eine Zunahme extremer Wetterbedingungen vorausgesagt: Starkregen zieht Hochwasser und Hangrutschen nach sich. Die Landwirtschaft wird unter Dürren und Hagelunwetter leiden, wodurch besonders Obstkulturen beschädigt werden.
Wenn der Ausstoß der Treibhausgase nicht vermindert wird, rechnet Greenpeace mit einem Temperaturanstieg bis zum Jahr 2100 um 4,2 Grad Celsius – dies wäre der höchste Wert in Österreich. Bei einer Emissionsreduktion auf die Hälfte wäre immer noch ein Anstieg um 2,3 Grad zu erwarten. Für Wien wird ein Temperaturplus um 3,8 Grad prognostiziert, falls der CO2-Ausstoß nicht verringert würde; bei einer Reduktion würde der Anstieg immer noch 2,2 Grad ausmachen.
Der unabhängige internationale Wetterdienst Ubimet bestätigt diese Szenarien. Nikolas Zimmermann, Teamleiter der Abteilung für operationelle Vorhersagen von Ubimet, sagt: „In Österreich spürt man den Klimawandel stark. Die Berge und die geographische Lage in der Nähe des Mittelmeers machen das Land besonders anfällig.“ Seit Frühjahr 2018 stellt Ubimet seine Wetterdaten auch für den Unwetterwarnservice von Wüstenrot bereit, der an 365 Tagen im Jahr vor Unwettern und Extremwetterereignissen per SMS warnt (hier kannst du dich dafür anmelden). Wüstenrot-Kunden können die Warnungen auch in der Wüstenrot App erhalten.
Zimmermann macht sich keine Illusionen hinsichtlich der Zukunft: „Die kommenden Generationen werden Probleme bekommen. Jetzt ist die Politik gefragt, Lösungen zu finden und umzusetzen.“ Wir müssen, sagt er, den Ernst der Lage erkennen und unsere Lebensweise ändern. Gefragt sind kreative Lösungen. So sollten wir in den Großstädten mit der Begrünung der Fassaden beginnen. Grünpflanzen absorbieren das CO2 aus der Luft und können helfen, den Temperaturanstieg zu bremsen.
Aber auch jeder Einzelne kann seinen Beitrag zum Klimaschutz leisten. So können wir, wo immer möglich, auf öffentliche Verkehrsmittel umsteigen und das Auto nur im Ausnahmefall nutzen. „Gerade wir Österreicher müssen im Urlaub keine Fernreisen machen, wir haben in unserer Nähe die schönsten Erholungsmöglichkeiten“, meint Zimmermann. Auch anderes Verhalten können wir im Alltag umstellen: regionale Erzeugnisse kaufen zum Beispiel, weniger Fleisch essen, weniger Müll produzieren. „Wir müssen Verzicht lernen, anders geht es nicht“, ist Zimmermann überzeugt. Und wer weiß, vielleicht entdecken wir auf diese Weise sogar ganz neue, unerwartete Lebensqualitäten?
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