Foto des Geschäftsführers mit grauem Sakko, weißem Hemd und kurzen dunklen Haaren vor einem Gebäude
Jahrhundertfirmen

Die Welt ein Stück sauberer machen: 90 Jahre Kärcher

Mit Hochdruck zum Erfolg. Mit einer breiten Produktpalette ist Kärcher weltweiter Marktführer bei Reinigungsgeräten. Wir fragen Michael Rochel, den Geschäftsführer von Kärcher Österreich nach dem Erfolgsrezept des Familienunternehmens. 

Lesedauer: 7 Min.

Kärcher hat etwas geschafft, was kaum einem Unternehmen gelingt. Der Markenname ist im Deutschen und in anderen Sprachen in den allgemeinen Sprachgebrauch übergegangen. „Kärchern“ – das heißt, etwas mit einem Hochdruckreiniger reinigen. Das 1935 von Alfred Kärcher in Stuttgart-Bad Cannstatt gegründete Unternehmen hatte zunächst jedoch gar nichts mit Sauberkeit zu tun, sondern befasste sich mit Heizgeräten. Erst 1950 steigt Kärcher mit einem Heißwasser-Hochdruckreiniger in sein heutiges Geschäftsfeld ein. Mit Hochdruckreinigern erobert es in den folgenden Jahrzehnten den Weltmarkt.

Vom mittelständischen Betrieb zum Global Player entwickelt sich das Unternehmen unter der Führung einer Frau: Irene Kärcher.  Zuvor nicht im Unternehmen tätig, wird sie im Jahr 1959 nach dem Tod ihres Mannes geschäftsführende Gesellschafterin. Bis zu ihrem eigenen Tod im Jahr 1989 prägt sie den Kurs von Kärcher. 

100 Jahre erfolgreich wirtschaften

Wirtschaftlicher Erfolg ist vielschichtig und von zahlreichen Faktoren abhängig. Doch wenn ein Unternehmen 100 Jahre und mehr besteht, lohnt es sich, genauer hinzuschauen: Welche Strategien, Werte und Prinzipien tragen zu diesem außergewöhnlichen Erfolg bei?

Die 100-jährige Geschichte von Wüstenrot zeigt eindrucksvoll, dass nachhaltiges Wachstum vor allem durch Kundennähe, kontinuierliche Innovationskraft und ein verantwortungsbewusstes Produktangebot gelingt.

  • Entdeckt hier alles zum Wüstenrot Jubiläumsjahr.

Im Rahmen unseres Jubiläums möchten wir deshalb gemeinsam mit anderen traditionsreichen Unternehmen aus Österreich und der ganzen Welt den Erfolgsfaktoren auf den Grund gehen. Diese Gespräche geben Einblicke in bewährte Erfolgsrezepte, die Generationen verbinden und den Herausforderungen der Zeit trotzen. 

  • Lest hier die Unternehmensporträts erfolgreicher Firmen wie Zauner Konditorei, STARKL Gärtnerei, Kärcher, ÖBB, Kirchtag Schirme und viele mehr.

Interview mit Michael Rochel

Was waren in den zurückliegenden 90 Jahren die wichtigsten Meilensteine und Wendepunkte bei Kärcher?

Ein spannender Moment war sicher, als im Jahr 1959 Irene Kärcher die Leitung des Unternehmens übernahm. Alfred Kärcher war ja eher ein Tüftler. Sie hat das Unternehmen dann mit großem Weitblick geführt und vor allem die Internationalisierung vorangetrieben. Sie war sehr frankophil, deshalb wurde die erste Auslandsgesellschaft in Frankreich gegründet, die zweite dann aber 1964 schon in Österreich.

Ein Meilenstein war 1984 der Einstieg ins Privatkundengeschäft. Zuvor hatte sich Kärcher nur auf Gewerbekunden konzentriert. Inzwischen macht dieser B2B-Bereich etwa 50 Prozent unseres Geschäfts aus. Die andere Hälfte entfällt auf das Privatkundengeschäft. 2013 wurden für beide Bereiche unseres Produktsortiments gesonderte Farben eingeführt: Die Geräte für professionelle Anwender wurden anthrazit-farben, die Produkte für den Privatkundenbereich werden seitdem in dem bis heute bekannten Kärcher-Gelb hergestellt.

Kärchers erstes Reinigungsgerät / Fotocredit: Kärcher

Kärcher reinigt als Kultursponsoring kostenlos öffentliche Plätze, historische Bauwerke und Denkmäler. Was machen Sie in Österreich sauber?

In Österreich haben wir beispielsweise den Vierungsturm der Wiener Votivkirche gereinigt. Unsere hoch qualifizierten Projektteams setzen für sensible Materialien wie Sandstein oder Marmor in Abstimmung mit den zuständigen Denkmalschützern und Restauratoren spezielle Reinigungsmittel und Bürsten ein, die von uns selbst entwickelt werden. Und auch der Wasserdruck der Hochdruckreiniger wird so angepasst, dass die Bausubstanz geschützt wird.

Bei unseren Kultursponsoring-Projekten setzen wir vor Ort eigene Teams ein. Wir haben auch schon die Christusstatue in Rio de Janeiro oder die Felsreliefs amerikanischer Präsidenten auf dem Mount Rushmore gereinigt.

Wie wurden Krisen und Herausforderungen bei Kärcher gemeistert?

Unser Erfolgskonzept ist die Kombination aus Innovationskraft, einer starken Unternehmenskultur und der Fähigkeit, flexibel auf Veränderungen zu reagieren.

Ich werde oft gefragt, wer denn der Mitbewerber von Kärcher sei. Und das ist schwer zu sagen. Es gibt natürlich viele Mitstreiter am Markt, aber keinem so breit aufgestellten Anbieter mit einem so vielfältigen Portfolio wie uns. Wir haben über 3.000 Produkte. Das bedeutet natürlich Komplexität. Aber es ermöglicht uns, unterschiedliche Zielgruppen und Industrien zu bedienen.
Dazu kommt unsere Präsenz in unterschiedlichen Märkten. Wir sind ja in 85 Ländern vertreten. Diese Vielfalt und unser breit aufgestelltes Geschäftsmodell hilft uns, mit Herausforderungen und wirtschaftlich schwierigen Phasen umzugehen. Denn es ist ja selten so, dass es in sämtlichen Industrien und Ländern Schwierigkeiten gibt. 

Magazin: Die Jahrhundertfirmen

Am 1. Juli erschien in der Kleinen Zeitung eine exklusive Magazin-Beilage: "Die Jahrhundertfirmen – Über 100 Jahre erfolgreich – kein Zufall, sondern Haltung“. Das Magazin entstand in Kooperation mit Wüstenrot und widmet sich der Frage, was Unternehmen langfristig trägt. Es beinhaltet:
Sieben Interviews mit österreichischen und internationalen Unternehmen, die seit über 100 Jahren bestehen.
Gespräche mit einem Wohnhistoriker, einem Zukunftsforscher
Porträts junger, nachhaltig ausgerichteter Firmen wie refurbed oder woom

Gibt es Konstanten in der Unternehmenskultur, die sich durch die 90 Jahre der Geschichte von Kärcher durchzieht?

Es gibt eine Aussage noch von Alfred Kärcher: „Es sind die Menschen unserer Firma, die einen Erfolg erst möglich machen“. Das ist nicht nur so dahergesagt, sondern das wird gelebt. Wir feiern unsere Jubilare. Wir haben enorm lange Unternehmenszugehörigkeiten – Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind oft jahrzehntelang im Unternehmen. Das kenne ich von anderen Unternehmen nicht. Das zeigt, wie wichtig es dem Unternehmen ist, den Mitarbeitenden Karrierechancen, Entwicklungsmöglichkeiten und einen sicheren Arbeitsplatz zu bieten.

Kärcher ist außerdem ein Unternehmen mit Weitblick. Kärcher denkt immer langfristig. Ich komme aus Konzernen, in denen Quartalsergebnisse oder Aktienkurse sehr relevant sind. Das ist bei Kärcher nicht der Fall. Hier steht der langfristige Erfolg im Vordergrund, es wird ins Unternehmen und in die Belegschaft investiert. Das ist nicht selbstverständlich heute. Das unterscheidet uns von anderen. Dabei spielt mit Sicherheit eine Rolle, dass das Unternehmen nach wie vor im Besitz der Nachfahren von Irene und Alfred Kärcher ist.

Einstieg in den Privatanwendermarkt / Fotocredit: Kärcher

Was ist Ihrer Ansicht nach der Grund für den andauernden Erfolg von Kärcher?

Wenn ich mich auf einen Grund für anhaltenden Erfolg festlegen müsste, dann ist es die Innovationskraft. Wir haben ständig neue Geräte und Lösungen entwickelt und damit Maßstäbe gesetzt.

Die Technologieführerschaft, der Anspruch, Innovationen voranzutreiben, die Neugierde auf neue Felder – das ist unsere Identität. Heute sind 90 Prozent unserer Produkte jünger als fünf Jahre.

Dazu kommen die langfristige Perspektive, der Fokus auf die Mitarbeiter, auf Qualität und Nachhaltigkeit.  

Was sehen Sie für Ihr Unternehmen als größte Herausforderungen in der Zukunft?

Wir sehen die Chancen. In der Reinigungsbranche gibt es noch großes Potenzial für Innovation. Wir wollen eine wichtige Rolle spielen und mit nachhaltigen und intelligenten Lösungen Standards setzen. Ich nenne drei Beispiele:

Erstens: die autonome Reinigung durch Roboter. Für viele Reinigungsunternehmen ist der Arbeitskräftemangel eine Herausforderung. Mit Reinigungsrobotern, vielleicht auch in Kombination mit künstlicher Intelligenz, können wir die Arbeit erleichtern, die Effizienz steigern und Geschäftsmodelle ermöglichen, an die man heute noch gar nicht denkt. Wir haben bereits Robotics-Lösungen im Einsatz – und für die nächsten Jahre eine prall gefüllte Pipeline mit weiteren Produkten.

Ein weiterer Punkt ist das Thema Internet der Dinge oder Konnektivität. Wir vernetzen Reinigungsmaschinen. Stellen Sie sich zum Beispiel ein Unternehmen vor mit 50, 100 Reinigungsgeräten. Da verliert man schnell den Überblick, welches Gerät schon wie lange im Einsatz ist. Durch smarte Lösungen kann ich auf einem Dashboard sehen, welches Gerät wie viele Betriebsstunden geleistet hat und kann die Wartung entsprechend steuern. So können wir den Kunden Geld sparen. In der Vergangenheit hat man vielleicht, um sicherzugehen, alle Geräte im gleichen Zyklus permanent gewartet, obwohl das gar nicht notwendig war.

Ein dritter Aspekt ist Nachhaltigkeit. Wir sind darauf bedacht, den Wasser- und Energieverbrauch zu minimieren. Zum Beispiel haben wir im letzten Jahr eine spezielle Düse für unsere Hochdruckreiniger entwickelt, durch die man mit 50 Prozent weniger Energie und 50 Prozent weniger Wasser das gleiche Reinigungsergebnis erzielt.

Welchen Stellenwert hat Tradition im Unternehmen?

Die Tradition ist stark verankert. Sie ist ein entscheidender Bestandteil der Identität. Sie orientiert sich an der Vergangenheit, sie bedeutet aber nicht Stillstand. Tradition gibt Sicherheit, aber auch den Antrieb, Veränderungen zu gestalten. Einer unserer Kernwerte ist der Mut für Neues. Diese Offenheit, diese Veränderungsbereitschaft stehen aber nicht im Widerspruch zur Tradition. Die Tradition gibt uns den Antrieb, immer einen Schritt voraus zu sein.

Also die Tradition ist – Innovation?

Genau!

Kärcher

Unternehmen: Alfred Kärcher SE & Co. KG

Gegründet: 1935

Zentrale: Alfred Kärcher SE & Co. KG, Alfred-Kärcher-Straße 28-40, 71364 Winnenden, Deutschland

Standorte: 170 Firmen und 50.000 Servicestellen in 85 Ländern

Zahl der Mitarbeitenden: 17.000 Mitarbeiter

Webseite: www.kaercher.com

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