Grafik mit einem Grundriss eines Hauses
Jubiläumsstorys

Wohnen: ein Spiegel der Gesellschaft

Wohnungen und Häuser sind nicht nur Wohnräume, sie sind Lebensräume. Sie verändern sich, so wie sich auch ihre Bewohner:innen verändern und spiegeln dabei die zentralen gesellschaftlichen Themen in vielfältiger Weise wider. Wie das genau aussah, entdecken wir anhand von Wüstenrot Kundenmagazinen der letzten 100 Jahre.

Lesedauer: 7 Min.

„Wie Menschen denken und leben, so bauen und wohnen sie.“ wusste schon der deutsche Schriftsteller Johann Gottfried Herder (1744-1803). Der Blick auf die Wohnräume der Menschen im Laufe der Geschichte gibt ihm recht: Um eine Gesellschaft zu verstehen, muss man sich nur das Zuhause ihrer Mitglieder ansehen – und das war vor 100 Jahren noch sehr bescheiden. Von der Einzimmerwohnung bis zum Häuschen mit Garten war es ein langer Weg, begleitet von verschiedenen Entwicklungen, die sich auch auf den Wohnraum und die Grundrisse auswirkten.

Von einem Zimmer für die ganze Familie …

alte Aufnahme einer Großfamilie rund um einen Küchentisch

Um 1900 bestanden die Wohnungen der armutsbetroffenen Familien meist nur aus einem einzigen Zimmer, das Küche, Schlaf-, Wohn- und Kinderzimmer vereinte. Auf 20 m2 Fläche fand das gesamte Leben statt – mehr konnten sich insbesondere Arbeiterfamilien nicht leisten. Denn Wohnraum war knapp und teuer.

Der niedrige Lebensstandard der Gesellschaft spiegelte sich in der Innenausstattung wider: Heizungen gab es noch keine, ein eigenes WC oder Badezimmer ebenfalls nicht. Deshalb gehörten eine Waschschüssel und ein Nachttopf zur Grundausstattung. Darüber hinaus verfügten die Wohnungen noch über einen Holzofen zum Kochen, ein Bett für die ganze Familie und vielleicht noch einen Tisch mit Sesseln. Da Möbel teuer waren, nutzte man alles, was vorhanden und intakt war. Ob die Einrichtung zusammenpasste oder dem neuesten Trend entsprach, war zu dieser Zeit für einen Großteil der Bevölkerung nebensächlich. Die Hauptsache war, dass sie ihren Zweck erfüllte. War etwas kaputt, wurde es meist notdürftig repariert oder wieder zusammengeflickt. 

… zu jeder Familie im eigenen Heim

Mit Aufkommen der ersten Eigenheime sowie der Siedlungs- und Gemeindebauten ab den 1920er- und 1930er-Jahren verbesserte sich diese Wohnsituation nach und nach. Die Grundrisse vergrößerten sich auf das Doppelte und zum Wohnzimmer gesellten sich Schlafzimmer und Küche. Die Neubauten umfassten zum Teil eigene Bäder und Toiletten – ein Luxus zu dieser Zeit. Dabei achteten die Planer:innen immer auf größtmögliche Effizienz bei der Raumaufteilung, um die verfügbare Fläche so gut wie möglich zu nutzen: Ein größerer Wohnraum diente zum einen als Aufenthaltsort für die gesamte Familie, zum anderen oft als Elternschlafzimmer. 

Wir feiern 100 Jahre Wüstenrot!

 

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  • Chronologie mit Bildmaterial aus der Historie des Unternehmens
  • Wüstenrot Jubiläumsstorys
  • Interviews zur Frage „Wie wird man als Unternehmen 100 Jahre alt?"
  • Artikelserie zu „100 Jahre Wohnen"
  • Geburtstags-Aktionen wie die Verdoppelung der Bausparprämie
  • Gewinnspiele
  • Events, uvm.

Die Revolution des Wohnzimmers

Blick in ein Wohnzimmer aus den 1950er- / 1950er-Jahren

Zu Beginn des 20. Jahrhunderts war ein eigenes Wohnzimmer keine Selbstverständlichkeit. Das änderte sich erst, als die Grundrisse größer wurden. Nunmehr hatte die Familie einen Ort, an dem sie sich versammeln konnte, um beispielsweise gemeinsam Radio zu hören.

Mit Aufkommen der ersten Fernsehgeräte in den späten 1950er-Jahren gestaltete sich auch das Arrangement der Wohnzimmer-Möbel neu: Sofa, Couchtisch und Polstersessel wurden um den Apparat im Zentrum des Raumes geschart – ein Trend, der bis heute ungebrochen ist und durch die Weiterentwicklung unserer Unterhaltungsmedien ungebremst voranschreitet. Die Fernsehapparate wurden immer größer, nach den Radios kamen Plattenspieler, dann CD-Anlagen und mittlerweile Bluetooth-Lautsprecher. Auch Spielkonsolen hielten Einzug in die Wohnzimmer.

Unmittelbar mit dieser Entwicklung verbunden, veränderte sich auch die Freizeitgestaltung: Während die Bevölkerung zu Beginn des 20. Jahrhunderts diese überwiegend außerhalb der eigenen vier Wände verbrachte, zogen sich die Bewohner:innen im Laufe der Zeit immer mehr ins eigene Heim zurück. Denn die Wohnzimmer wurden immer gemütlicher und boten mehr Abwechslung – und wurden während der Covid-Lockdowns sogar zu Arbeits- oder Klassenzimmern.

Und auch in Zukunft wird dieser Trend so weitergehen: Das Wohnzimmer ist und bleibt das gemütliche Refugium für den gesamten Haushalt. Zwar hat es auch eine repräsentative Funktion, doch ist es vielmehr zum Verweilen da.

Lesetipp

Noch mehr zur Geschichte des Wohnzimmers lest ihr im Blog-Artikel „100 Jahre Wohnzimmer

Ab ins Kinderzimmer!

Ähnlich wie beim Wohnzimmer zählte auch ein Kinderzimmer lange nicht zur Standard-Ausstattung einer Wohnung. Selbst als die Grundrisse größer wurden, war es durchaus üblich, dass sich Geschwister ein Zimmer teilten. Neben den Betten befand sich meist nur noch ein Schreibtisch darin. Erst in den 1960er-Jahren sollte das Kinderzimmer einen höheren Stellenwert erhalten und ab dann immer mehr zum Aufenthaltsort für den Nachwuchs werden.

So widmete Wüstenrot beispielsweise in einem Kundenmagazin 1991 einen großen Artikel diesem Thema: Unter dem Titel „Kleine stellen große Ansprüche: Kinder, Kinder“ plädierte man dafür, den Kindern genug Entfaltungsraum zu geben und die Zimmer nicht nur funktional einzurichten, sondern ihnen auch Spiel und Spaß zu ermöglichen. Das sollte beispielsweise mithilfe von speziellen Möbeln gelingen:

Für Kinder ist ein Möbelstück mehr als nur ein Gebrauchsgegenstand. Da werden Betten zu Schiffen und Flugzeugen, Schränke und Tische zu Burgen. Weil Kindermöbel eben auch Spielzeug sind, müssen sie ganz bestimmte Eigenschaften aufweisen. […] Der Übergang von Spiel zu Arbeit ist für Kinder fließend. Deshalb sind zum Beispiel auch „Arbeitstische“, auf denen nur Schulaufgaben gemacht dürfen, sinnlos.

Wüstenrot Kundenmagazin 1991

Heute ist es selbstverständlich, dass Kinder ihr eigenes Zimmer haben – und sie teilen es sich kaum noch mit ihren Geschwistern. Neben Bausteinen, Puppen und Spielzeugautos haben diverse technische Geräte Einzug gehalten: Spielkonsolen, Tablets oder eigene Kinderradios für Hörbücher. 

Lesetipp

Noch mehr über die Entwicklung des Kinderzimmers lest ihr im Blog-Artikel „100 Jahre Kinderzimmer“ 

Herzstück des Hauses: die Küche

Dass die Küche immer schon einen besonderen Stellenwert einnahm, zeigen die vielen Artikel, die sich im Wüstenrot Kundenmagazin über die Jahrzehnte hinweg mit ihr beschäftigen. Sie ist mehr als nur der Zubereitungs- und Aufbewahrungsort für Speisen, sondern auch Treffpunkt für die ganze Familie. Genau aus diesem Grund war und ist sie das Herzstück der Bauplanung.

Zu Beginn des 20. Jahrhunderts war die Küche mit ihrer Kochstätte oft das einzige beheizte Zimmer. Kaum verwunderlich also, dass sich die Bewohner:innen dort gerne aufhielten. Erst als sich die Grundrisse vergrößerten, wurde die Küche vom Wohnraum abgetrennt und auch der Essbereich ins Wohnzimmer integriert. Vor allem bei der weniger wohlhabenden Bevölkerung war die Küche dann einer der kleinsten Räume. Umso wichtiger war hier eine platzsparende Planung. Die „Frankfurter Küche“ der Architektin Margarete Schütte-Lihotzky sollte die Küchenplanung nachhaltig prägen und revolutionieren: Erstmals wurden Geräte und Stauraum intelligent verbaut, die Möbel waren zweckdienlich. Das erleichterte die Arbeit in der Küche erheblich.

In einer Ausgabe des Wüstenrot Magazins aus dem Jahr 1965 heißt es beispielsweise: 

Wohl kaum ein anderer Wohnraum hat eine solche Modernisierung erfahren wie die Küche. […] Die Küche ist Arbeitsmittelpunkt jeder Wohnung. Im Durchschnitt verbringt jede Hausfrau 4 bis 5 Stunden des Tages, das ist mehr als die Hälfte eines Arbeitstages, in der Küche. Aber auch berufstätige Frauen sind zwei Stunden und mehr in der Küche. Aus diesem Grund muss gerade diesem Raum der Wohnung bei Planung und Gestaltung größte Sorgfalt zugewiesen werden.

Wüstenrot Kundenmagazin 1965

Zahlreiche Erfindungen wie Elektroherd, Kühl- und Gefrierschrank, Geschirrspüler, Mikrowelle, Heißluftfritteuse oder Küchenmaschine sollten im Laufe der Jahrzehnte das Kochen und die Arbeit in der Küche weiter vereinfachen. Heute verbringen wir immer weniger Zeit in diesem Raum, und er ist längst nicht mehr nur den Frauen vorbehalten. 

Lesetipp

Noch mehr zu den Erfindungen, die den Haushalt prägten, lest ihr im Blog-Artikel „100 Jahre Elektrogeräte"

Auch wird die Küche nicht mehr versteckt: Der Trend in Richtung einer offenen Wohnküche machte sie zu einem Design-Gegenstand. Nicht selten schart sich die Familie um einen freistehenden Küchenblock, gefertigt aus hochwertigen, pflegeleichten Materialien. Das lassen sich die Österreicher:innen auch einiges kosten: Im Schnitt geben sie 13.000 bis 15.000 Euro für eine Küche aus und kaufen alle 10 bis 15 Jahre eine neue.

Wie wir heute wohnen

Wüstenrot Wohnquartier in Salzburg mit generationenübergreifenden Wohnformen (Visualisierung (c) ZOOMVP.AT)
Wüstenrot Wohnquartier in Salzburg mit generationenübergreifenden Wohnformen (Visualisierung (c) ZOOMVP.AT)

Viele Entwicklungen der letzten 100 Jahre haben das Wohnen geprägt – ob es einzelne Räume betrifft oder die Art und Weise, wie wir bauen. Nachhaltige, ressourcenschonende und energieeffiziente Bauweisen sind heute angesagter denn je, ebenso wie die Sanierung und Revitalisierung von Bestandsbauten. Zugleich werden in neuen Wohnformen, wie etwa generationenübergreifenden Projekten, die Flächen bestmöglich genutzt. Ein Beispiel hierfür ist das Wüstenrot Wohnquartier, das in den nächsten Jahren in Salzburg gebaut wird: Auf einem rund 6.000 m2 großen Areal entstehen ca. 80 bis 90 Mieteinheiten für alle Altersgruppen. Zentrale Elemente dabei sind die Ausrichtung auf zukunftsorientierte Wohnformen, wie mitwachsende Grundrisse, Mehrgenerationenhaushalte und Wohngemeinschaften, eine nachhaltige Bauweise sowie öffentliche Gemeinschaftsflächen. Eine Dachbegrünung, Photovoltaikanlagen, Urban Gardening, die Integration des aktuellen Baumbestands und Regenwasseraufbereitung machen das Wohnquartier noch lebenswerter und tragen zu einer ressourcenschonenden Nutzung bei.

Dass das Wüstenrot Wohnquartier ein zukunftsweisendes Projekt ist, unterstreicht auch Wüstenrot Generaldirektorin Susanne Riess-Hahn: 

Wüstenrot hat sich seit der Gründung als kompetenter Partner im Bereich Wohnen etabliert. Wir unterstützen Menschen bei ihren Wohnträumen und realisieren auch in unserem eigenen Verantwortungsbereich innovative, nachhaltige und generationenübergreifende Projekte, die auf die verschiedenen Bedürfnisse der Bewohner:innen eingehen. Das Wüstenrot Wohnquartier unterstützt unser zentrales Anliegen, denn es sind Projekte wie dieses, die das Wohnen der Zukunft zeigen.

Susanne Riess-Hahn Generaldirektorin Wüstenrot Gruppe

Das Wüstenrot Wohnquartier befindet sich zurzeit in der Planungsphase, Ende des Jahres könnte jedoch bereits die offizielle Grundsteinlegung erfolgen – pünktlich zum Ausklang des 100-jährigen Jubiläums von Wüstenrot. 

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