Als heimisches Familienunternehmen in fünfter Generation zählt MANZ heute zu den führenden Rechtsverlagen in Österreich. Das Unternehmen verfolgt seit 176 Jahren einen klaren Anspruch: den Rechtsstaat mit verlässlichen Informationen zu stärken.
Der Name MANZ ist allen ein Begriff, die in Österreich Jus studieren. Und wer am historischen Loos-Portal am Wiener Kohlmarkt vorbeispaziert, kennt den Namen vermutlich auch: Der traditionsreiche Fachverlag steht seit seinen Anfängen im Jahr 1849 für juristische Expertise. Über die Jahrzehnte hinweg hat das Unternehmen die österreichische Rechtslandschaft begleitet und mitgeprägt, auch in Zeiten gesellschaftlicher Umbrüche, technischer Revolutionen und wirtschaftlicher Herausforderungen.
Heute ist MANZ ein modernes Medienhaus in Familienhand. Auf seinen Erfolgen hat sich das Unternehmen nie ausgeruht, sondern sich immer wieder neu erfunden: vom kurzzeitigen Verlegen belletristischer Literatur in der Zwischenkriegszeit bis hin zur Einführung einer eigenen KI, die Jurist:innen aufwendige Recherchearbeiten erleichtert.
Dabei hat MANZ stets seine wichtigste Rolle im Blick behalten: aktiv am rechtlichen Diskurs mitzuwirken und mit sorgfältig geprüften Informationen Orientierung zu bieten – gerade in einer Welt, die zunehmend mit Falschinformationen konfrontiert ist.
Wie das gelingt und was es dafür braucht, darüber spricht die geschäftsführende Gesellschafterin Mag. Susanne Stein-Pressl im Interview.
Wirtschaftlicher Erfolg ist vielschichtig und von zahlreichen Faktoren abhängig. Doch wenn ein Unternehmen 100 Jahre und mehr besteht, lohnt es sich, genauer hinzuschauen: Welche Strategien, Werte und Prinzipien tragen zu diesem außergewöhnlichen Erfolg bei?
Die 100-jährige Geschichte von Wüstenrot zeigt eindrucksvoll, dass nachhaltiges Wachstum vor allem durch Kundennähe, kontinuierliche Innovationskraft und ein verantwortungsbewusstes Produktangebot gelingt.
Im Rahmen unseres Jubiläums möchten wir deshalb gemeinsam mit anderen traditionsreichen Unternehmen aus Österreich und der ganzen Welt den Erfolgsfaktoren auf den Grund gehen. Diese Gespräche geben Einblicke in bewährte Erfolgsrezepte, die Generationen verbinden und den Herausforderungen der Zeit trotzen.
Im Jahr 2024 hat Manz sein 175-jähriges Bestehen gefeiert. Was waren denn die großen Meilensteine und Wendepunkte der Unternehmensgeschichte? Gab es auch Krisen? Und wenn: Wie hat Ihr Unternehmen diese gemeistert?
Bereits die Gründung von Manz im Jahr 1849 fiel in eine turbulente Zeit der gesellschaftlichen Umbrüche. Friedrich Manz erkannte den Bedarf an verlässlichen Rechtsinformationen im Habsburgerreich und legte den Grundstein für unser heutiges Unternehmen. Ein wenig später übernahm meine Familie den Verlag und Richard Stein baute den juristischen Bereich stark aus.
Ein großer Einschnitt war der Zusammenbruch der Monarchie nach dem Ersten Weltkrieg: Der Absatzmarkt brach weg, es herrschte wirtschaftliche Not und die bis dahin geltenden Gesetzeswerke wurden irrelevant. Mein Ururgroßvater reagierte erfinderisch und verlegte kurzfristig französische Literaturklassiker, um die Produktion zu sichern. Ein mutiger Schritt für einen deutschsprachigen Fachverlag!
Mein Großvater Robert Stein hatte ab Mitte der 1930er-Jahre die schwierige Aufgabe, das Unternehmen durch die Zeit des Nationalsozialismus zu führen. Weil unsere Familie halbjüdisch war, musste mein Großvater untertauchen. In dieser Ausnahmesituation führten drei engagierte Mitarbeitende – der Druckerei-Leiter Ernst Gießauf, die Prokuristin Berta Pohl und der Buchhändler Anton Bernhard – den MANZ Verlag gemeinsam mit meiner Urgroßmutter Frieda Klinkhardt weiter. Nach dem Krieg ging das Unternehmen wieder in Familienbesitz über, was damals nicht selbstverständlich war.
Auch die Nachkriegszeit stellte uns vor große Herausforderungen: Papier und Druckerschwärze waren Mangelware, dazu kam die Zensur durch die alliierten Besatzungsmächte. Trotzdem gelang es meinem Großvater, die Rechtslage der jungen Republik nach und nach aufzuarbeiten. Denn klar war: Es braucht gesicherte Rechtsinformationen, um das eigene Recht überhaupt einfordern zu können.
In den 1970er-Jahren übernahm Franz Stein, mein Vater, die Geschäftsführung und setzte in den 80ern mit der Rechtsdatenbank früh auf das Thema Digitalisierung – damit waren wir Vorreiter im Verlagswesen.
Seit 2005 führen mein Bruder und ich diesen Weg weiter, unter anderem mit KI-gestützten Angeboten für unsere Kund:innen.
Rückblickend hatte jede Generation ihre Herausforderungen. Was uns durch all die Jahrzehnte getragen hat, war der Gestaltungswille und der starke Zusammenhalt unter unseren Mitarbeitenden.
Welche Bedeutung hat Ihre Unternehmensgeschichte für die Weiterentwicklung des Unternehmens? Haben Sie bestimmte Werte, Strategien oder Herangehensweisen bis heute beibehalten?
Unsere Geschichte hat uns natürlich stark geprägt. Obwohl sich MANZ seit seiner Gründung immer wieder verändert hat, haben sich bestimmte Haltungen herausgebildet, die uns bis heute begleiten. Drei Aspekte sind mir besonders wichtig: Erstens war unser Verlag immer eng mit der Justiz und Wissenschaft verbunden, vor allem in Zeiten gesellschaftlicher Umbrüche. Wir verstehen uns deshalb nicht nur als Verlag, der für seine Kund:innen da ist, sondern auch als Partner des österreichischen Rechtssystems.
Zweitens: Wir sind keine „Content-Maschine“, die Inhalte um jeden Preis produziert. Uns geht es darum, einen Beitrag zum rechtlichen Diskurs zu leisten.
Und drittens: Der fachliche und persönliche Austausch mit der juristischen Community liegt uns sehr am Herzen. Wir fühlen uns den verschiedenen Berufsgruppen im Rechtsbereich stark verbunden, das zieht sich wie ein roter Faden durch unsere Geschichte.
Wie sieht in Ihrem Unternehmen das Zusammenspiel zwischen Tradition und Zukunftsausrichtung aus? Woran halten Sie fest und was wird erneuert?
Die Medienwelt befindet sich gerade in einem tiefgreifenden Transformationsprozess, das spüren wir auch bei MANZ. Wir wollen auf diesen Wandel nicht nur reagieren, sondern ihn als Verlag aktiv mitgestalten. Gleichzeitig hat unsere Tradition einen hohen Stellenwert bei uns, und genau darin liegt die Herausforderung: Tradition kann nämlich zur Belastung werden, wenn man sie nicht hinterfragt, Deshalb muss man als Unternehmen bereit sein, sie – wenn nötig – loszulassen.
Ein gutes Beispiel dafür ist unsere ehemalige Buchhandlung am Kohlmarkt. Sie war lange Jahre ein Symbol, jede Juristin und jeder Jurist wusste: Kohlmarkt 16 – das ist MANZ. Aber das Kaufverhalten unserer Kund:innen hat sich verändert hin zum Onlinehandel, das hat sich schon vor der Corona-Pandemie abgezeichnet und wurde durch diese nur beschleunigt. Seit 2023 sind wir deshalb eine reine Versandbuchhandlung, die Bücher können telefonisch oder online bestellt werden.
Vom Standort am Kohlmarkt mit dem historischen Adolf-Loos-Portal wollten wir uns aber nicht völlig trennen, deshalb haben wir im ersten Stock einen modernen „Community Space“ geschaffen – für Veranstaltungen, Buchpräsentationen oder Meetings unserer Mitarbeitenden. Es ist ein Ort der Begegnung für Jurist:innen, was ich gerade in unserer zunehmend virtuellen Welt bedeutsam finde.
In der 2023 eröffneten Beletage am Kohlmarkt wird die Geschichte von MANZ durch die Architektur erzählt: Tradition und Innovation sind hier eng miteinander verwoben.
Wenn Sie an die Zukunft denken: Was sind aus Ihrer Sicht die größten Herausforderungen und wie wollen Sie darauf reagieren?
Eine große gesellschaftliche Herausforderung ist es, die Demokratie zu stärken. Gerade in Zeiten von Falschinformation spielen Verlage eine zentrale Rolle: Wir müssen Orientierung bieten, indem wir verlässliche Inhalte liefern. Hinter jedem Beitrag steht bei uns ein Mensch – eine Expertin oder ein Experte –, der für Qualität und fachliche Richtigkeit sorgt. Auch wenn sich die technischen Mittel geändert haben, bleibt unser Anspruch derselbe: Wir prüfen Inhalte sorgfältig und wahren Urheberrechte. Das schafft Vertrauen.
Künstliche Intelligenz wird uns in Zukunft bei dieser Arbeit unterstützen, aber nur, wenn die zugrunde liegenden Daten gut strukturiert und aufbereitet sind. Daran arbeiten wir mit Hochdruck. Unser Gesetzesbestand reicht bis 1945 zurück und ist weit verzweigt.
Vor allem die Zeitschichten des Rechts – z. B. wann ein Gesetz in Kraft trat und wie es sich seitdem verändert hat – sind für die KI eine Herausforderung. MANZ dokumentiert den jeweiligen Rechtsstand deshalb mit Zeitstempeln, damit auch historische Entwicklungen nachvollziehbar bleiben. Wie das konkret aussehen kann, sieht man an unserer kürzlich eingeführten KI „Genjus“, die Jurist:innen bei Recherchetätigkeiten unterstützt.
Welche Rolle spielt für Sie Innovation?
Innovation bedeutet für uns, die richtigen Antworten auf veränderte Kundenbedürfnisse zu finden. Auch wenn sich die Mittel zur Erfüllung dieser Bedürfnisse im Laufe der Zeit stark verändert haben, ist unser Fokus gleich geblieben: Wir begleiten unsere Kund:innen in ihrem juristischen Arbeitsalltag.
Dass uns das über 175 Jahre lang gelungen ist, verdanken wir vor allem dem Wissensdurst, der hohen Flexibilität und der Neugier aller Menschen, die hier jemals gearbeitet haben. Unsere Innovationskraft zieht sich durch die gesamte Geschichte von MANZ: Das begann mit dem Verlegen französischer Literatur in der Zwischenkriegszeit, ging über den Beginn der Digitalisierung mit unserer Rechtsdatenbank bis hin zu unserer kürzlich gelaunchten KI.
Was sind Ihrer Ansicht nach die Gründe für den dauerhaften Erfolg Ihres Unternehmens?
Dass unsere Arbeit sinnstiftend ist. Der Leitsatz „Alle Kraft ist Wille“ war früher im Emblem aller MANZ-Bücher und als Briefbeschwerer auf dem Schreibtisch meines Großvaters zu finden. Heute würden wir sagen: Das ist unser „Purpose“. Es geht um den Willen, den Rechtsstaat – und damit die Demokratie – zu stärken. Das ist auch im Unternehmen spürbar, weil sich viele unserer Mitarbeiter:innen mit dieser Haltung identifizieren.
Dazu kommt, dass wir seit Generationen ein Familienunternehmen sind. Der dadurch entstandene Zusammenhalt macht MANZ aus. Familienunternehmen denken auch anders: Sie orientieren sich nicht am Börsenkurs, sondern daran, ob sie ein gesundes, stabiles Unternehmen an die nächste Generation übergeben können. Dieser langfristige Blick ermöglicht nachhaltigere Entscheidungen, auch wenn wir dafür manchmal mehr Zeit brauchen. Uns geht es darum, Werte nicht nur zu schaffen, sondern sie vor allem zu bewahren.
Was würden Sie Menschen raten, die heute ein Unternehmen gründen, um mindestens 100 Jahre erfolgreich zu sein?
Erfolg kann übermütig machen, manchmal sogar eitel. Deshalb lautet mein Rat: Demut. Nur weil etwas gestern funktioniert hat, heißt das nicht, dass es morgen genauso weitergeht. Man sollte sich nicht auf den Erfolgen der Vergangenheit ausruhen!
Dazu gehört für mich auch, Feedback und Kritik ernst zu nehmen – gerade aus den eigenen Reihen. Natürlich muss man nicht auf jede Kritik sofort reagieren, aber den eigenen Mitarbeitenden aufmerksam zuzuhören und Entwicklungen im Blick zu behalten, zahlt sich langfristig aus.
Unternehmen: MANZ'sche Verlags- und Universitätsbuchhandlung GmbH
Branche: Verlags- und Zeitschriftenwesen
Gegründet: 1849
Firmensitz: Kohlmarkt 16, 1010 Wien
Verlagsbüro: Johannesgasse 23, 1010 Wien
Mitarbeiteranzahl: 180