Frau in Hosenanzug umgeben von Aktenschrank, Laptop, Handy, Kalender, Papiere
Jahrhundertfirmen

Langlebigkeit durch stille Kraft: Frauen prägen Unternehmensgeschichte

Was macht ein Unternehmen wirklich zukunftsfähig? Visionen? Innovationen? Ja, aber oft sind es gerade jene, die nicht im Rampenlicht stehen, die Unternehmen über Generationen hinweg gestalten und erfolgreich machen. Frauen, die in kritischen Momenten Verantwortung übernommen haben. Nicht zufällig, sondern weil sie es können.

 

Wir erzählen ihre Geschichten und zeigen: Nachhaltiger Wandel beginnt manchmal da, wo wir nicht zuerst hinsehen.

Lesedauer: 7 Min.

Was macht Unternehmen langlebig?

Gute Produkte, weitsichtige Strategien, Anpassungsfähigkeit – das Übliche. Doch vielleicht liegt das Geheimnis der Ausdauer auch dort, wo wir es oft übersehen: im Beitrag jener, die selten auf der Titelseite stehen.

Wenn wir über „Longevity“ bei Unternehmen sprechen, denken wir schnell an Männer mit Visionen, an Gründergeist und Führungsstärke. Aber wer genau hinsieht, erkennt ein anderes Bild: Frauen, die nicht selten in Momenten der Not die Führung übernahmen – und blieben. Nicht als Platzhalterinnen. Sondern als Gestalterinnen.

Wer lange bleibt, verändert leise.

Susanne Riess-Hahn ist seit zwei Jahrzehnten Generaldirektorin von Wüstenrot. Sie hat die Finanzgruppe durch die Wirtschaftskrise navigiert, eine Bank gegründet, digitale Innovationen angestoßen – unter anderem die App, mit der Kund:innen heute ihre Finanzen verwalten. Kein Aufsehen, keine großen Gesten – aber Substanz. Und Nachhaltigkeit.

Oder nehmen wir Ella Hansen, die 1962 nach dem plötzlichen Tod ihres Mannes die Leitung von Carl Hansen & Søn übernahm. Eine Frau am Steuer eines Möbelunternehmens – in einer Zeit, in der das fast undenkbar war. Sie tat es trotzdem. Und legte damit die Grundlage für den heutigen internationalen Erfolg des dänischen Designhauses.

Irene Kärcher führte den Reinigungsgeräte-Hersteller aus Baden-Württemberg ab 1959 in die Welt. Während ihr Mann tüftelte, baute sie das Unternehmen aus – mit Weitblick und Konsequenz.

Maria Starkl verdiente als Schneiderin das Geld, um den Familienbetrieb über Wasser zu halten – und schuf nebenbei ein eigenes Geschäft mit Angestellten. Ein zweites wirtschaftliches Standbein, bevor man es so nannte.

Und bei Kirchtag Schirme war es die Großmutter des heutigen Geschäftsführers, die mit Geschäftssinn das Unternehmen vorantrieb, während ihr Mann lieber bei der Handwerkskunst blieb. Sie führte – nicht aus Not, sondern aus Fähigkeit.

 

Diese Geschichten sind keine Fußnoten. Sie sind tragende Säulen.

Und sie zeigen: Frauen haben Unternehmen nicht nur erhalten. Sie haben sie geprägt, geformt, weiterentwickelt – oft jenseits der Schlagzeilen. Langlebigkeit heißt nicht, alles beim Alten zu lassen. Es heißt, Wandel zuzulassen, wenn er nötig ist – und ihn zu gestalten, ohne den Kern zu verlieren. Vielleicht sind Frauen genau darin besonders gut: in der Kunst des nachhaltigen Wandels.

Man muss nicht alles neu machen, um es besser zu machen.
Manchmal reicht es, anders hinzuschauen – denken Sie daran, beim Lesen.

Text: Nina Prehofer (Kleine Zeitung)

Magazin: Die Jahrhundertfirmen

Am 1. Juli erschien in der Kleinen Zeitung eine exklusive Magazin-Beilage: "Die Jahrhundertfirmen – Über 100 Jahre erfolgreich – kein Zufall, sondern Haltung“. Das Magazin entstand in Kooperation mit Wüstenrot und widmet sich der Frage, was Unternehmen langfristig trägt. Es beinhaltet:
Sieben Interviews mit österreichischen und internationalen Unternehmen, die seit über 100 Jahren bestehen.
Gespräche mit einem Wohnhistoriker, einem Zukunftsforscher
Porträts junger, nachhaltig ausgerichteter Firmen wie refurbed oder woom

Die Jahrhundertfirmen

Lest hier die Interviews der Jahrhundertfirmen und welche Rolle die Frauen in der Unternehmensgeschichte gespielt haben.

Wüstenrot

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Stabilität entsteht durch Wandel

Ein Jahrhundert Wüstenrot: Generaldirektorin Susanne Riess-Hahn spricht über die Rolle von Stabilität in einem volatilen Umfeld, über unternehmerischen Weitblick und Fortschritt – und darüber, was persönliche Herausforderungen mit Führungsstärke zu tun haben.

 

Hier geht es zum Interview mit Wüstenrot Generaldirektorin Susanne Riess-Hahn.

Meine Mutter war für mich immer ein Vorbild: Sie zeigte mir, dass man nur das erreichen kann, wofür man sich auch anstrengt. Als berufstätige Frau und Geschäftsführerin einer Baumschule schon in jungen Jahren, lebte sie mir vor, dass es im Leben keine Geschenke gibt, dass man sich alles verdienen muss. 

Susanne Riess-Hahn Wüstenrot Generaldirektorin

Carl Hansen & Søn

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Mit 94 auf Expansionskurs: Carl Hansen & Søn

Die Dänen wohnen am schönsten. Ihr Wohnstil wird international als vorbildlich gefeiert. Schon lange vor dem „Hygge”-Hype um die dänische Gemütlichkeit schufen dänische Designer:innen und Möbelmanufakturen Möbelstücke, die zu Klassikern wurden. Einer der renommiertesten Hersteller ist seit 1908 in Familienbesitz.

 

Hier geht es zum Interview mit Senior-Chef Knud Erik Hansen.

Meine Mutter hatte bisher das Leben einer Hausfrau und Mutter geführt. Sie hatte keine kaufmännische Ausbildung und sprach keine Fremdsprachen. Sie ging auf die Möbelmessen und sprach mit Briten oder Amerikanern oder woher auch immer sie kamen - auf Dänisch. Aber sie war sehr enthusiastisch, kannte sich mit Möbeln aus und hatte einen sehr guten Geschmack. Die Leute mochten sie – und kauften bei ihr. Sie führte das Unternehmen etwa 20 Jahre lang. 

Knud Erik Hansen Langjähriger Geschäftsführer von Carl Hansen & Søn

Kirchtag Schirme

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Kirchtag Schirme: Über ein Wagnis, das aufging.

Der Schnürlregen gehört zu Salzburg wie Mozart oder „Jedermann“. Die Landeshauptstadt zählt zu den regenreichsten im Österreich-Vergleich – wenig verwunderlich also, dass einer der traditionsreichsten Schirmemacher Österreichs genau hier sitzt: Das Familienunternehmen Kirchtag fertigt seit 122 Jahren Schirme in Handarbeit und fördert damit ein aussterbendes Gewerbe.

 

Hier geht es zum Interview mit Kirchtag Geschäftsführer Andreas Kirchtag.

Mein Großvater war ein gelernter Schirmmacher und somit ein Handwerker, deshalb führte meine Großmutter den Betrieb – sie hatte den Geschäftssinn. Neben der Schirmproduktion hatten wir vor allem viele Reparaturaufträge, die anfangs noch direkt im Geschäft gemacht wurden. Weil es zu dieser Zeit noch mehr Schnürlregen in Salzburg gab und Billigschirme nicht so verbreitet waren, ließen Kund:innen ihre Schirme öfter reparieren. Wir kamen auf 10.000 Reparaturen im Jahr – das ist enorm. 

Andreas Kirchtag Geschäftsführer Kirchtag Schirme

STARKL

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STARKL: „Das macht mir Spaß – das hält mich jung!“

Die größte Gärtnerfamilie in Europa heißt STARKL. Als Einmannbetrieb im Jahr 1912 auf wenigen gepachteten Quadratmetern bei Tulln in Niederösterreich gegründet, betreibt die Familie STARKL heute acht Gartencenter, zwei Produktionsbetriebe und einen Versandhandel. 15 Familienmitglieder verbindet die Liebe zum Garteln und zur Natur: Sie stehen für bodenständiges Handwerk und atemberaubende Gartenarchitektur. 

 

Hier geht es zum Interview mit STARKL Seniorchef Anton Starkl.

Mein Großvater Josef entschied sich für eine Lehre als Gärtner. Gemeinsam mit seiner Frau, einer tüchtigen Schneiderin, legte er das Fundament. Meine Großeltern waren sehr fleißige Leute, die hart gearbeitet und gespart haben, sukzessive wurde Land erworben und investiert. 

Anton Starkl Senior-Chef von STARKL

Kärcher

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Die Welt ein Stück sauberer machen: 90 Jahre Kärcher

Mit Hochdruck zum Erfolg. Mit einer breiten Produktpalette ist Kärcher weltweiter Marktführer bei Reinigungsgeräten. Wir fragen Michael Rochel, den Geschäftsführer von Kärcher Österreich nach dem Erfolgsrezept des Familienunternehmens. 

 

Hier geht es zum Interview mit Kärcher Geschäftsführer Michael Rochel.

Ein spannender Moment war sicher, als im Jahr 1959 Irene Kärcher die Leitung des Unternehmens übernahm. Alfred Kärcher war ja eher ein Tüftler. Sie hat das Unternehmen dann mit großem Weitblick geführt und vor allem die Internationalisierung vorangetrieben. Sie war sehr frankophil, deshalb wurde die erste Auslandsgesellschaft in Frankreich gegründet, die zweite dann aber 1964 schon in Österreich.

Michael Rochel Geschäftsführer Kärcher
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